Referentin und Inhaberin der Bildrechte: Dr. Inga Streb
Wann?
Freitag, 21.04.2023, 19 Uhr
Wo?
Bürgerzentrum Stuttgart-West, SKR
Bebelstr. 22
70193 Stuttgart
Beschreibung
Japan besitzt seit etwa tausend Jahren eine auf der Welt einzigartige Form der Duftkultur, das „Lauschen auf den Duft“. Auf Japanisch: „kō wo kiku“ 香を聞く.
Aus einer anfänglich spielerischen Beschäftigung mit wertvollen Duftstoffen hatte sich bis zum 15. Jahrhundert eine in Ablauf und Thematik streng geregelte Duftzeremonie entwickelt. Diese ähnelt in ihrem äußeren, formalen Erscheinungsbild der Teezeremonie, unterscheidet sich jedoch wesentlich in ihrem Inhalt:
In der Duftzeremonie werden Duft-Ratespiele veranstaltet und die einzelnen Düfte in einem vorgegebenen, meist literarischen Rahmen poetisch interpretiert. Dabei erhitzt man nach komplizierten Regeln einzelne, unvermischte Dufthölzer in speziellen Riechgefäßen, und alle Teilnehmer der Zeremonie „lauschen“ auf die Düfte, um unterschiedliche Nuancen oder gleiche Qualitäten herauszufinden. Der korrekte, ritualisierte Umgang mit den zum Teil sehr kostbaren Geräten und Dufthölzern ist eine wesentliche Voraussetzung für die kontemplativ-meditative Stimmung in einer Duftzeremonie.
Im 18. Jahrhundert erreichte die Duftzeremonie mit zahlreichen konkurrierenden Duftschulen den Höhepunkt ihrer Popularität. In der Folge verlor sich das öffentliche Interesse, und die Duftzeremonie lebte nur noch in privaten Zirkeln weiter. Heute wird sie jedoch wieder im schulmäßigen Unterricht durchgeführt und gewinnt im Zusammenhang mit dem wachsenden Interesse für Aromatherapie und anderen esoterischen und praktikablen Verwendungen der Duftstoffe auch kontinuierlich neue AnhängerInnen.
Der Vortrag basiert sowohl auf meinen Studien zur Duftzeremonie wie auch auf meinen praktischen Erfahrungen im Unterricht und nimmt in zwei getrennten Teilen diese beiden Informationsbereiche auf:
Im ersten Teil wird die Entwicklung der Duftzeremonie im Rahmen der Kulturgeschichte Japans dargestellt. Dabei werden neben den künstlerisch-ästhetischen Aspekten dieser traditionellen Kunstform insbesondere Inhalt und Ablauf der Duftspiele sowie die Verwendung der wertvollen Duftstoffe detailliert aufgezeigt.
Im zweiten Teil wird der heutige Ablauf einer Duftzeremonie mit Bildern vorgestellt. Die Fotos wurden in der Gruppe aufgenommen, in der ich selbst am Unterricht teilgenommen habe. Die Aufnahmen wurden hier zum ersten Mal und speziell auf meine Bitten hin vom Großmeister erlaubt, da man mir eher als einziger nicht-japanischer eingeschriebener Schülerin des kōdō in Japan derartige „Neuheiten“ zugestehen konnte. Darüber hinaus ist jedoch die Schule auch bemüht, durch gezielte Information die weitverbreitete Beurteilung der Duftzeremonie als „elitäres, bildungsbefrachtetes und überaus kostspieliges Freizeitvergnügen“ positiv zu verändern.