Vortrag: Wohnen im Kopfkissenbuch Sei Shōnagons

Wer?
Referentin: Fiona Schwesig

Wann?
Freitag, 17.11.2023, 19 Uhr

Wo?
Bürgerzentrum Stuttgart-West, SKR, Bebelstr. 22, 70193 Stuttgart

Kosten?
Eintritt frei, Spenden erbeten

Beschreibung

Die mittlere Heian-Zeit (ca. 10./11. Jh.) gilt als die Blüte der japanischen Klassik, in der sich Japan vom chinesischen Einfluss löste und in eine Hochphase kultureller Entwicklung und künstlerischen Schaffens eintrat – besonders auf Ebene der Frauenliteratur. Viele dieser Werke gelten noch heute als Paradebeispiele der klassischen japanischen Literatur; darunter das Makura no Sōshi (Kopfkissenbuch) von Sei Shōnagon, einer intelligenten und selbstbewussten Hofdame der Kaiserin Teishi (reg. 990-1001).

Typisch für diese Zeit war der Baustil Shinden zukuri, welcher – ohne feste Wände und Fenster, vollkommen bedacht auf strukturelle Offenheit und flexible Raumgestaltung – zukunftsweisend war für die spätere Architektur Japans. Einige charakteristische Elemente, wie die Veranda (engawa) und die Bambusrollos (sudare), gelten noch heute als Sinnbild traditionell-japanischer Häuser; andere wie die Tatami standen noch am Anfang und wieder andere wie das schwer übersetzbare hisashi – eine Art Vorraum – näherten sich bereits ihrem Ende. Shinden zukuri-Gebäude prägten nicht nur den Alltag ihrer adligen Bewohner, sondern auch ihre Wahrnehmung und ihren Gefühlszustand. Zu wissen, wie es sich darin lebte, hilft, so manche Textpassage zu verstehen.

Dieser Vortrag lädt ein, das Kopfkissenbuch aus dem Blickwinkel der Architektur zu betrachten. Was machte Shinden zukuri und den Kaiserhof zu Sei Shōnagons Zeit aus? Wie macht sich beides in ihrem Werk und in den drei jüngsten Übersetzungen (die Manesse-Veröffentlichungen von 1952 und 2015 sowie die Zauberschale-Version von 1973) bemerkbar? Und welche Rolle spielt Bildmaterial? Anhand praktischer Beispiele wird dargestellt, wie man sich Übersetzungen nähern und miteinander vergleichen kann.

Fiona Schwesig studierte Japanologie an der Universität Tübingen. In ihrem philologisch ausgerichteten Studium übersetzte sie aus diversen Werken der modernen und klassischen japanischen Literatur. Ihre Master-Arbeit schrieb sie 2021 zum Vortragsthema und schloss diese mit Bravour ab.

Bildrechte
ameblo.jp/kazue-fujiwara/